Archiv der Kategorie: Denkweisen

Einladung zum Vogelkonzert

Frühmorgens aufgestanden.

Trotz Hochsommer liegen Nebelschwaden über dem Ort.

Mit einem Espresso in den Garten gesetzt, um dem morgendlichen Nichts zu lauschen.

Die Stille suchend, die sich mir seit den Lockerungen entzogen hat.

Und dann begann ein ganz wunderbares Konzert.

Von allen Seiten klangen Vogelstimmen auf mich ein.

Verdichteten sich, schwollen an, und ich war mitten unter ihnen, den Vögeln, die sich überall niederließen.

Ehrfürchtig, solch einem Konzert als Alleinbesucherin lauschen zu dürfen.

Nicht einmal die Art der Vögel wollte ich wissen, nur lauschen und mich der Klangwolke hingeben.

Jetzt, Stunden später.

Der Nebel ist der Sonne und einem strahlend blauen Himmel gewichen.

Die Vögel sind Stare.

Hunderte Stare!

Sie haben die Kirschbäume der Nachbarn entdeckt.

Mich bezaubert noch immer der Klangteppich.

Und einen Kirschbaum nenne ich auch nicht mein Eigen.

Heute gebe ich mich hin, den Stimmen der Stare.

Und eine Buchempfehlung obendrein – Danke an Martin Hanslmeier, der mir dieses Buch ans Herz gelegt hat. Eine Einladung zum Hinschauen auf unsere Naturschätze:

„Der Braune Bär fliegt erst nach Mitternacht“ von Johanna Romberg

Die Dorfälteste

Die Dorfälteste lebt in unserem kleinen Dorf am Waldrand.

Dort regiert sie mit flinkem Verstand und hat uns jüngeren Frauen schon viele „Geheimnisse“ grundlegend nicht gesagt.

Nussschnaps ansetzen war ein Rezept, das wir unbedingt wissen wollten. Die Zeit war noch nicht reif für uns.

Es bedurfte der Geburt der Urenkelin, um der Dorfältesten und uns der eigenen Endlichkeit bewusst zu werden.

Ein kurzer Augenblick – und sie willigte ein, uns in die Magie des Krapfen- Backens einzuweihen.

Am Marienfeiertag „Mariä Empfängnis.“

Wir kamen mit Geschenken.

Und uns wurde die Kunst des Krapfen Backens überreicht.

Es wurde gelacht, Schnaps getrunken und Geschichten erzählt.

Und nebenbei wurden die wunderbarsten, flaumigsten, süßesten Krapfen gezaubert.

Bei so einer magischen Handlung dabei zu sein, da wird Frau sich ihrer weiblichen Ahninnenreihe bewusst.

Und der Verantwortung, vielleicht auch einmal Dorfälteste zu sein.

Vor allem, mit diesem Rezept behutsam umzugehen und sich der vielen versteckten Lebensrezepte zu erinnern.

Eines davon ist: Alles hat seine Zeit!

Mein selbstgezogener Apfelstrudel

Ich liebe diese Arbeit.

Die Hingabe beim Apfelstrudel-Zubereiten.

Vor allem im Herbst, wenn es genau die richtigen Äpfel dazu gibt.

Boskop und eine alte Apfelsorte in unserem Garten sind dazu die perfekten Äpfel. Süß und etwas säuerlich zugleich, zerfallen sollen sie im Strudel beim Backen. Und doch noch einen festen Biss haben. Und saftig sind sie diese meine Äpfel.

Ich nehme mir Zeit, besser gesagt, ein Apfelstrudel benötigt Zeit, und da muss ich mich danach richten.

Nicht nur im Lockdown lässt Apfelstrudel-machen mich herunterfahren.

Also Strudelteig zubereiten und schleifen, Teig rasten lassen. Währenddessen Äpfel schälen. (Wer kennt die Herausforderung noch aus seiner Kindheit möglichst den Apfel in einem zu schälen?) Vierteln und blättrig schneiden.

Die wahre Aufgabe kommt jetzt, den Strudelteig auszuziehen. Da zeigt es sich, ob es Apfelstrudel oder ein anderes Essen zu Mittag geben wird.

Bis zur Durchsichtigkeit ausziehen, mit Äpfel, Zimt und Zucker bestreuen. Rosinen je nach Mitbewohnervorliebe hinzufügen. Und dann einrollen. Das ist wie Zauberei, wenn bei mir drei Strudeln am Backblech liegen.

Ins Rohr schieben und kurz vor Ende mit etwas Milch überschütten.

Dies dürfte eine köstliche lokale Eigenheit sein.

Wo lernte ich Apfelstrudel zu machen?

Ich habe unendliche Male zugesehen.

Ich durfte beim Ausziehen mithelfen. Mit meinen Brüdern. Wir saßen um den Küchentisch , und jeder durfte dort ziehen, wo er seinen Platz hatte oder wie lange seine Hände reichten.

Und dann als ich auszog, konnte ich es. Es bedurfte kein Rezept.

So einfach war dieses Lernen.

Und so gebe ich es weiter.

Böhmische Verpel

Ich weiß eine Stelle, wo mein Heiligtum einer bestimmten Pilzart wächst.

Der nahe Ort heißt auch danach.

Irgendetwas mit Goldstadt oder so ähnlich.

Betonung auf Gold.

Ich gehe zu den Pappeln.

Der erste intensive Verpelgeruch schlägt mir entgegen.

Ich lasse mich zu Boden, rühre mich kaum noch von der Stelle.

Meine Augen scannen die Umgebung.

In meiner Vorstellung sehe ich die Verpel und suche so nach Ungereimtheiten am Boden.

Sie sind Meister des Versteckens und ich bin Meisterin des Entdeckens.

Das Finden der böhmischen Verpeln lässt einen Positiv-Cocktail an Hormonen in mir ausschütten.

Lauter Jubel ist aber unbedingt zu entsagen, da er eventuell andere Morchelsucher auf den Plan rufen könnte.

Und so begebe ich mich mit einer Handvoll an Verpelschätzen, gut getarnt mit Bärlauchblättern, nach Hause.

Die Zubereitung ist einfach wie genial.

Hopfensprossen und Verpeln in Butter gut und etwas länger durch-erhitzen, Bio-Ei vom Liebl-Hof darüber, etwas Salz und fertig.

Dieses Jahr hat Corona seine Vorstellung.

„Bleib daheim!“,  heißt die einzige Devise, die uns durchbringt.

Und so schwelge ich in Erinnerung.

Auch gut!

 

 

Wald tönen

Der Wald tönt, vielleicht ohne dessen Bewusstsein.

Frühlingshauche Temperaturen mit Föhnwind bringen ihn zum Klingen.

Da rauschen die Tannen und Fichten. Es wiegen sich darin die Wipfel.

Eichen rascheln mit ihrem letzten Laub.

Birken tönen, als würden Harfenklänge durchziehen.

Und die Eschen im Wind, wenn sie aneinander gerieben werden, geben den Klang von laut ächzenden Stimmen wider.

Wie lange werden wir die Eschenklänge noch hören? Ein Pilz bringt die Bäume zu Fall.

Heute, heute aber tönt der Wald.

Wald inhalieren

Einfach – in einer Pause – einen mir fremden Wald inhalieren.

Losgehen, wohl wissend, wo das Auto schlussendlich wieder zu finden ist.

Sich treiben lassen.

Das grüne, saftige Moos bewundern.

Ein Foto von der geweihförmigen Holzkeule (Xylaria hypoxyla), beleuchtet von Sonnenstrahlen, machen. (Ziemlich cooler Name für einen Pilz, oder?) Dabei sich auf den feuchten Waldboden legen, um den Kosmos 1,60 Meter tiefer zu bestaunen.

Beim Weitergehen bernsteinfarbenes Harz finden und tief den Geruch inhalieren. Heimischer Weihrauch in Reinform.

Loslassen – weitergehen, um schlussendlich bei 14 Grad plus frische Trompetenpfifferlinge zu finden.

Abends gibt es Spaghetti mit Trompetenpfifferlingssauce .

Um nochmals tief in den Wald einzutauchen!

Räucherwerk herstellen

Allerheiligen ist immer ein stiller Tag.

Oft nehme ich diesen Tag um Räucherwerk herzustellen.

Diesmal habe ich Kräuter vom griechischen Inselurlaub dabei. Alles ist schon getrocknet, der Wind, die Meeresbrise, die Sonne haben dazu ihr übriges getan.

Andächtig zerbrösle ich Feigenblätter und mörsere sie in meinem alten Steinmörser. Gebe Rosmarinnadeln dazu, die wuchsen am Weg zum Demeter-Tempel.

Wir durften die griechische Gastfreundschaft und das Essen kennen lernen, und da war oft Zimt im Essen zu schmecken. Auch das kommt in das Räucherwerk hinein, ein kleines Stück einer Zimtrinde.

Und wieder mörsern.

Zitronenschale gebe ich noch hinzu und getrocknete Rosenblätter. Dort gab es köstliche Rosenmarmelade, wozu nur die ersten duftenden Rosen des Jahres genommen werden. Und am Heimweg rochen wir Weihrauch, auch davon nehme ich wenige Körner.

Nun vollziehe ich das Nachklingen eines tiefgehenden Inselaufenthaltes im Mörsevorgang  noch einmal in seiner Ganzheit.

Einen Monddurchlauf soll dieses Räucherwerk nun rasten und sich im besten Falle harmonisch zueinander finden.

Möge es gelingen!

Schwalbenflug

Die Schwalben sammeln sich.

Ich habe die Muse ihnen dabei zuzusehen.

Blauer Himmel, weiße Wolken und Schwalben, die im Tiefflug hoffentlich Nahrung finden.

Ein schönes Schauspiel, welches sich über Tage zieht.

Im Frühjahr genoss ich das selbe Spektakel, nur dass sich die Schwalben aus dem Süden einfanden.

Auch im Frühjahr, blauer Himmel, weiße Wolken, Schwalben und Zeit zum Schauen.

Da zwischen diesen zwei Tagen, meinen Schwalbenschautagen, der Sommer lag, da wurde mir wieder einmal ein Blick auf die Endlichkeit des Augenblicks gewährt.

Und zwischen diesen zwei Augenblicken war mein prall gefülltes Leben.

Ein Sommermorgen

Eintauchen in einen Wald, in dem die sommerliche Hitze noch fern weilt.

Sonnenstrahlen dringen ein und wärmen mich.

Gelsen schwirren und oft klatsche ich eine tot.

Aus einem Reflex heraus.

Nahrung für ein Schwalbenjunges, einfach abgeklatscht.

Ein  blühendes Gräserfeld ist im Gegenlicht der Morgensonne zu bewundern.

Der Ton einer Sirene entpuppt sich als Maulwurfsgrille.

Am Heimweg kreuzt ein Feldhase meinen Weg.

Und wem das alles zuviel an „Schmus“ und „Heimat“ und „Liebe“ ist, der höre sich doch bitte Mascha mit dem Lied „Liebe siegt“ an.